Kommunikation und Beziehungen

Nein sagen lernen: 8 effektive Strategien für dich

Das Bild zeigt einen Abrisszettel, auf dem lauter "Nein" stehen - visualisiert von www.achtsam-engagiert.de

In ihrer Trotzphase haben Kleinkinder oft ein Lieblingswort und das lautet „Nein“. Je älter wir werden, desto schwerer fällt es uns aber, dieses simple Wort über die Lippen zu kriegen. Zumindest geht es mir so und die Google-Suchstatistik belegt ebenfalls einen großen Bedarf. Wenn man nach „Nein sagen lernen“ googelt erhält man erstaunliche 30 Millionen Treffer. So wie ich scheinen viele andere auch Schwierigkeiten mit diesen vier simplen Buchstaben „Nein“ zu haben. Das Gute ist: Was uns als Kleinkind sorglos und ständig über die Lippen ging, können wir heute im Erwachsenenalter auch wieder tun – sicherlich aber etwas strukturierter und durchdachter. Genau dafür habe ich heute die besten Tipps für dich zusammengefasst.

Ich erinnere mich noch daran, wie ich einmal als Schülerin zwei Wochen nach einer Operation im Bus gesessen habe. Mein Kreislauf war noch nicht ganz auf der Höhe und ich fühlte mich unsicher. Ein paar Stationen später kam eine Frau auf mich zu (wohlgemerkt: es war keine Rentnerin) und fragte mich nach dem Sitzplatz. „Nein“ wäre die richtige Antwort gewesen, „Ja“, murmelte ich stattdessen. Ich habe die Busfahrt letztlich doch gut überstanden, aber rückwirkend habe ich mich sehr über mich selbst geärgert. Wieso bin ich aufgestanden, obwohl es mir nicht gut ging? Wieso habe ich meine körperlichen Bedürfnisse so deutlich missachtet? Weshalb nur habe ich nicht einfach nein gesagt? So schwer ist das doch nicht.

Falls du dir Vorsätze vorgenommen hast für das neue Jahr (s. dazu auch meinen Artikel zu den Tipps und Erfolgsfaktoren), wirst du auch oft nein sagen müssen: Nein zu dir selbst, wenn es um unliebsame Gewohnheiten geht und nein zu anderen, weil deine Zeit knapper ist. Denn unser Tag hat nur 24 Stunden und mit jeder Aktivität, die on top kommt, musst du für irgendeine andere Beschäftigung weniger Zeit investieren (s. hierzu auch meinen Artikel „Mit 4 Schritten zur Balance„). Das neue Jahr ist somit also nicht nur ein guter Beginn für neue Ziele und Gewohnheiten, sondern auch für eine neue, gesunde Nein-Routine. Hier sind die besten Strategien dafür:

Nein sagen – die 8 besten Strategien

1) Das Ja ergründen und Glaubenssätze entlarven

Warum sagst du lieber Ja als Nein? Machst du das vielleicht, weil du nicht möchtest, dass dein Gegenüber sich schlecht fühlt? Hier kann es helfen, zu überlegen, wie realistisch und dramatisch das ist. Hast du dich schonmal richtig schlecht gefühlt, weil zu einer Anfrage von dir jemand nein gesagt hat? Schön war es bestimmt nicht, aber sicherlich auch kein Drama. Im Job kann es auch sein, dass du dich überspitzt ausgedrückt zu unentbehrlich fühlst, um bei Sonderaufträgen nein zu sagen und die Aufgabe von jemand anderes bearbeiten zu lassen.

Frage dich also: Was sind deine inneren Motive für dein Ja? Dies ist der erste Schritt, um herauszufinden, wie du am besten dein Nein zum Ja wandeln kannst. Vielleicht bist du aber auch getrieben von Glaubenssätzen wie „Ich muss es allen recht machen“ oder „Ich darf keine Schwäche zeigen“. Wenn du feststellst, dass so ein Glaubenssatz die Hauptursache deines ungewollten Jas ist, stelle diese einmal in Frage. Stimmt das wirklich? Musst du es jedem recht machen? Versuche diesen Glaubenssatz einmal umzukehren und frage dich dann, wie du dich damit fühlst. Ein neuer Glaubenssatz könnte dann beispielsweise lauten: „Damit ich mein Bestes geben kann, darf ich auch mal Nein sagen.“

2) Aus der Vergangenheit lernen

Warst du auch schonmal von einer Anfrage so überrumpelt, dass dir nur wenig schlagfertig ein „Ja, klar!“ über die Lippen gekommen ist? Mir ging das mal so, als ein wildfremder Kollege mich angesprochen und nach einer Mittagsverabredung gefragt hat, auf die ich keine Lust hatte. In dem Fall war zwar das Kind durch mein „Ja“ in den Brunnen gefallen. Aber im Nachgang habe ich mich gefragt, wie ich hätte anders reagieren können und das empfehle ich dir auch. Analysiere eine vergangene Situation, um daraus zu lernen und für die Zukunft gewappnet zu sein: Wie hast du reagiert und warum hast du so reagiert? Wie würdest du heute reagieren? Wenn häufig etwas von dir verlangt wird, das du schwer ablehnen kannst, ist es auch durchaus hilfreich, wenn du dir für das nächste Mal deine Worte zurechtlegst.

3) Den Wert eigener Bedürfnisse anerkennen

Wer häufig Ja statt Nein sagt, hat meist das Problem, die Wünsche und Bedürfnisse von anderen über die eigenen zu stellen. Das ist nett, gutmütig und für die anderen meist sehr vorteilhaft, aber die Gefahr ist groß, dabei selbst auf der Strecke zu bleiben. Je besser du dir deiner eigenen Ziele, Ressourcen und auch der ausbremsenden Faktoren bewusst bist, desto eher kannst du auf dieser Grundlage bewerten, ob der „kleine Gefallen“ für dich machbar ist oder eben nicht. Hierfür empfehle ich dir sehr meinen Artikel zur Segelboot-Methode, die dir nämlich super dabei hilft diese Faktoren für dich zu klären. Und mit diesem Wissen kannst du dich dann bei Bitten von andern fragen: Ist es das wert? Kann ich das wirklich einrichten?

4) Unterstütze dein Nein durch deine Körpersprache

Vor ein paar Jahren hatte ich das große Glück von meinem Unternehmen ein individuelles Bewerbungscoaching gesponsert zu bekommen. Das war in vielerlei Hinsicht lehrreich für mich. Mein damaliger Coach hat beispielsweise festgestellt, dass ich im Gespräch mit meinem Gegenüber immer wieder mit dem Kopf nicke. Diese zustimmende Geste ist im lockeren Gespräch sehr höflich, kann aber in einer „Verhandlungssituation“, zu der auch jede Anfrage gehört, als vorauseilende Zustimmung gewertet werden. Beim Nein sagen gilt also: Stehe oder sitze aufrecht, halte den Kopf gerade, zappele nicht herum, atme ruhig weiter und lass dich nicht aus der Ruhe bringen.

5) Verschaffe dir Zeit

Vielleicht gelingt es dir nicht, trotz der bisherigen Tipps auf Anhieb eine Anfrage abzulehnen. Dann kann es hilfreich sein, dir zunächst Zeit zu verschaffen. So kannst du in Ruhe überlegen, ob du die Aufgabe bewältigen kannst oder nicht. Eine Formulierung hierfür kann sein „Das kann ich dir leider gerade noch nicht sagen, aber ich schaue in meinem Kalender / kläre das / denke darüber nach und melde mich dann wieder bei dir.“ Der Vorteil hiervon ist, dass der andere sich mutmaßlich ernstgenommen fühlt, weil du dir Gedanken machst. Außerdem gibst du ihm oder ihr damit auch die Möglichkeit zeitlich nach Alternativen Ausschau zu halten.

6) Packe ein Nein-Sandwich

Hast du schonmal von der Sandwich-Methode gehört? Damit verpackst du dein Nein ganz flauschig zwischen zwei positiven Aussagen. Wenn dich jemand beispielsweise als Umzugshelfer rekrutieren möchte, könnte deine Antwort lauten „Ich freue mich so sehr für euch, dass ihr endlich eine passende Wohnung gefunden habt. An dem Wochenende kann ich leider nicht mit anpacken. Ich wünsche euch viel Erfolg und komme gern danach mal mit einem Begrüßungssekt bei euch vorbei.“ Klingt irgendwie viel charmanter als einfach nur „Sorry, da kann ich nicht“, oder?

7) Wenn es sich für dich richtig anfühlt, begründe dein Nein

Es streiten sich die Gelehrten, ob man ein Nein begründen sollte oder nicht. Vorteil der Begründung ist, dass dein Gegenüber deinen Standpunkt besser nachvollziehen kann und sich nicht abgewatscht fühlt.

Nachteil der Begründung ist, dass sie einem hartnäckigen Gegenüber auch die Tür für Gegenargumente öffnet. Jemand, der verzweifelt nach einem Umzugshelfer sucht, könnte auf dein Argument an dem Wochenende schon verabredet zu sein, nachfragen, ob sich das nicht verschieben lässt. Dann gerätst du in eine unangenehme und herausfordernde Rechtfertigungssituation. Ich persönlich finde, dass es ganz vom Setting abhängt, ob und wie sehr man sein Nein mit Argumenten garniert. Völlig klar sollte allerdings auch sein: Notlügen sind Tabu. Die Gefahr, dass du mit deiner Notlüge ertappt wirst, ist einfach immer gegeben und wenn du auf etwas schlichtweg keine Lust hast, bleib lieber bei einem einfachen „Nein“ und spare dir jegliche Ausschmückungen.

8) Nein sagen will gelernt sein

Wer ein notorischer Ja-Sager ist, wird nach diesen Tipps sicherlich nicht über Nacht zum Negationsmeister mutieren. Das braucht Zeit und Übung. Für letzteres hilft es, sich kleineren Herausforderungen zu stellen. Denn eines ist sonnenklar: Es ist deutlich leichter der freundlichen Bedienung im Café auf die Frage nach einem weiteren Kaffee mit nein zu antworten als dem Standesbeamten auf seine Frage, ob man Max Mustermann wirklich heiraten will. Okay, im Falle von letzterem hättest du schon sehr viele Male früher nein sagen können. Aber dieses überspitzte Beispiel macht deutlich, dass es sich lohnt im Kleinen zu starten. Hier ein paar Inspirationen für das kleine, harmlose Nein:

  • Im Café, Bar, Restaurant zu weiteren Bestellungen oder einem Gericht, das nicht den Erwartungen entspricht
  • Wenn dich jemand zu einer ungelegenen Zeit anruft
  • Wenn jemand dich kurzfristig um eine, Verabredung, einen Gefallen oder sonstiges bittet und du bereits andere Pläne hast
  • Zu Newslettern – einfach mal abbestellen

Das waren meine 8 besten Tipps, um vom Ja zum Nein zu kommen. Und zum Schluss kommt hier noch ein sehr weises Zitat des Apple-Gründers Steve Jobs, der die Quintessenz so zusammenfasst:

People think focus means saying yes to the thing you’ve got to focus on. But that’s not what it means at all. It means saying no to the hundred other good ideas that there are.

Steve Jobs

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert