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Tool-Tipp „Stoppschild“: Bevor du kündigst, prüfe die 11 Kriterien für Arbeitsqualität

Coaching-Tool "Kündigungs-Stoppschild": Bevor du kündigst, prüfe diese 11 Kriterien für Arbeitsqualität

Falls du gerade unzufrieden im Job bist oder sogar überlegst, zu kündigen, dann ist dieser Beitrag genau das richtige für dich. Er ist eine Art Stoppschild, um kurz inne zu halten und die Straße zu überpüfen, auf der du gerade unterwegs bist. Dieses Stoppschild ist wichtig, bevor ein Unfall passiert. Eine Klientin hat dieses Stoppschild nicht berücksichtigt und hat sinnbildlich einen ziemlichen Unfall gebaut. Aus ihrer Story kannst du viel für dich mitnehmen.

Karriere-Fallbeispiel: Wann wechsel ich den Job?

Ich nenne die Klientin mal Lisa. Lisa ist Mitte zwanzig und hatte nach ihrem Masterabschluss einen unbefristeten Job im HR-Bereich eines großen Unternehmens ergattert. Sie war rundum zufrieden mit diesem Job: Die Kollegen waren toll und die Aufgaben abwechslungsreich. Aber es gab ein großes Manko: Lisa hatte lediglich eine 25-Stunden-Stelle in dem Unternehmen erhalten. Lisa stellte sich zunehmend die Frage: Wann wechsle ich meinen Job? Nach einem halben Jahr beschloss Lisa, sich wieder auf dem Stellenmarkt umzuschauen, denn aktuell war eine Stundenerhöhung nicht drin. Sie fand einen auf 2 Jahre befristeten Vollzeitjob in einem anderen Unternehmen und kündigte. Happy End? Mitnichten!

Stopp: Eine Kündigung sollte gut durchdacht sein!

Ein paar Monate später kam Lisa zu mir ins Coaching. Ihr Problem: Sie war kreuzunglücklich mit ihrer Entscheidung und bereute ihre Kündigung. Das neue Unternehmen hatte eintönigere Aufgaben, die Teamstimmung war angepannter und nennenswert mehr verdient sie trotz der Stundenerhöhung auch nicht. Zudem setzte ihr jetzt schon zu, dass sie keine Arbeitsplatzsicherheit hatte. Da war also der Unfall, den sie hätte vermeiden können, wenn sie kurz angehalten hätte.

Natürlich dachte Lisa, sie hätte mit ihrer Kündigung eine wohlüberlegte Entscheidung getroffen. Ein wichtiges Kriterium für einen guten Job war in ihren Augen nicht erfüllt: Die Wochenstundenzahl. Sie hat allerdings aus dem Blick verloren, wie viele andere Kriterien in ihrem damaligen Job hervorragend erfüllt waren: die gute Betriebskultur, das gute Gehalt und auch die Zukunftssicherheit. Nun bereute sie ihre Kündigung.

Das Kündigungs-Stoppschild hilft dir bei der Entscheidung innezuhalten

Die Kündigung und die anschließende Reue hätte Lisa vermeiden können mithilfe meines „Kündigungs-Stoppschildes“. Dieses Stoppschild ist ein Tool, das ich auf Basis der „elf Kritieren der Arbeitsqualität“ des DGB-Index Gute Arbeit entwickelt habe. Das Institut DGB-Index Gute Arbeit hat folgende 11 Kritieren der Arbeitsqualität für seine Umfragen festgelegt:

Arbeitsqualität „Ressourcen“:

  1. Gestaltungsmöglichkeiten, d.h. die Frage, ob du Einfluss auf die Arbeitsmenge nehmen, deine Arbeitszeit beeinflussen oder auch die Arbeit selbstständig planen kannst.
  2. Entwicklungsmöglichkeiten, d.h. ob du eigene Ideen einbringen kannst, dich in deinem Wissen und Können weiterentwicklen kannst und Aufstiegschancen hast.
  3. Betriebskultur, d.h. wie es um die Wertschätzung im Unternehmen steht, ob es ein offenes Meinungsklima gibt, Informationen rechtzeitig fließen und Kollegialität gefördert wird.
  4. Sinn der Arbeit, d.h. ob du den Eindruck hast, einen Mehrwert zu leisten – sei es für die Gesellschaft oder das Unternehmen – und inwiefern du dich mit deiner Arbeit identifizierst.

Arbeitsqualität „Belastungen“:

  1. Arbeitszeitlage, d.h. ob du auch am Wochenenden oder in der Nacht arbeiten musst und ob eine ständige Erreichbarkeit oder unbezahlte Arbeit erwartet wird.
  2. Emotionale Anforderungen, d.h. ob Kolleg:innen oder du selber respektlosen Behandlungen ausgesetzt bist, du deine Gefühle auf der Arbeit verbergen musst oder es zu Konflikten mit Kolleg:innen oder Kund:innen kommt.
  3. Körperliche Anforderungen, d.h. wie ungünstig die Körperhaltung ist, in der du deine Tätigkeit verrichten musst, ob du Kälte, Nässe, Lärm oder anderen unangenehmen Bedingungen ausgesetzt bist und wie schwer du körperlich arbeiten musst.
  4. Arbeitsintensität, d.h. wie gehetzt du deine Aufgaben erledigen musst, ob es widersprüche Anforderugnen gibt, ob du irgendwo Abstriche in der Qualität machen musst oder im Arbeitsfluss unterbrochen wirst.

Arbeitsqualität „Einkommen und Sicherheit“:

  1. Einkommen, d.h. ob deine Arbeit entsprechend deiner Leistung gerecht bezahlt wird, ob du davon gut leben kannst und auch ob die Rente, die sich daraus ergibt, später zum Leben reichen wird.
  2. Betriebliche Sozialleistungen, d.h. ob es ausreichend Angebote zur Altersvorsorge im Betrieb gibt, die Gesundheit gfördert wird und es weitere Sozialleistungen gibt, wie beispielsweise Kinderbetreuung, Essenszuschüsse oder z. B. ein Jobticket.
  3. Beschäftigungssicherheit, d.h. ob du dir Sorgen um deine berufliche Zukunft machst oder dich fragst, ob dein Arbeitsplatz durch technische Veränderungen oder Umstrukturierungen überflüssig werden könnte.

Kündigungs-Stoppschild: So arbeite ich im Coaching mit den 11 Kriterien für Arbeitsqualität

Step 1: Die Joker-Kategorie: Welches Kriterium macht für dich gute Arbeit aus?

Diese 11 Kriterien habe ich in ein Tortendiagramm überführt und ein 12. Element als „Joker-Kategorie“ ergänzt. Hier ist Platz für ein Kriterium, das du noch nicht ausreichend in den anderen 11 Kriterien wiederfindest, das dir aber sehr wichtig ist. Ein Beispiel könnte z. B. der Arbeitsort sein. Eine Klientin hatte hier auch einmal den „Sexyness-Faktor“ ergänzt und meinte damit, dass es für sie wichtig sei, für ein Unternehmen zu arbeiten, das hip ist und eine coole Ausstrahlung hat. Was immer es für dich ist: Diese Kategorie darf ganz nach deinen Vorstellungen und Werten gefüllt werden.

Kündigungs-Stoppschild: Bevor du kündigst, prüfe diese 11 Kriterien für  Arbeitsqualität. Inspiriert von dem DGB-Index Gute Arbeit. Hier ist das Template für das Coaching-Tool abgebildet.

Step 2: Wo stehst du in den jeweiligen Qualitätskriterien?

Frage dich nun, wie gut die 12 Kriterien in deinem aktuellen Job erfüllt sind. Male einen Strich in das jeweilige Tortenstück, wobei 0 bedeutet „Dieses Kriterium ist überhaupt nicht erfüllt“ und 100 bedeutet „Dieses Kriterium ist vollumfänglich erfüllt“. Das Institut macht hierzu übrigens folgende Definition:

„Ein Indexwert von 80 Punkten und mehr bezeichnet den Bereich „Gute Arbeit“. Gute Arbeit wird durch eine hohe Ressourcenausstattung, ein verträgliches Belastungsniveau, eine positiv bewertete Einkommenssituation und gute berufliche Zukunftsaussichten charakterisiert.“

Institut DGB-Index gute arbeit

Step 3: Wie wichtig sind dir die jeweiligen Qualitätskriterien?

Diese 11 Kriterien der Arbeitsqualität sind ein guter objektiver Ankerpunkt, um in eine Bewertung einzusteigen. Gleichzeitig ist es gut möglich, dass dir ein Kriterium deutlich wichtiger ist, als das andere. Ohnehin: Nicht alle Kriterien müssen die gleiche Wichtigkeit für dich haben. Frage dich also bei jedem Kriterium: Wie wichtig ist mir dieser Aspekt? Bewerte wieder auf einer Skala von 0 bis 100 und mache einen schraffierten Strich in die jeweiligen Tortenstücke.

Step 4: Die Auswertung der Qualitätskriterien in Bezug auf deine aktuelle Arbeitssituation und deine Prioritäten

Schaue dir nun das gesamte Stoppschild an und nutze dafür folgende Reflektionsfragen:

  • Wo gibt es Auffälligkeiten?
  • Wo ist ein Kriterium für dich wichtig und gleichzeitig gut erfüllt?
  • Wo ist vielleicht das Gegenteil der Fall und ein für dich wichtiges Kriterium zu wenig erfüllt?
  • Siehst du mehr Einklang oder mehr Delta zwischen Wichtigkeit und Umsetzung?
  • Was macht es mit dir, wenn du dir das gesamte Stoppschild anschaust?
  • Welchen Impuls löst das in dir aus?
  • Fühlst du dich in deiner Überlegung zu kündigen bestärkt oder hast du vielleicht festgestellt, dass du eigentlich sehr zufrieden bist?
  • Welche Alternative zur Kündigung fällt dir ein, wenn du dir das Gesamtbild anschaust?
  • Gibt es vielleicht einen Bereich, der sich verändern darf, damit eine Kündigung für dich vom Tisch ist?

All dies sind Fragen, die du dir in einer Selbstreflektion stellen kannst oder durch die ich dich im Rahmen des Coachingprozesss führen kann.

Augenmaß beim Kündigungs-Stoppschild: Es geht nicht um perfekt

Egal ob in Selbstreflektion oder im gemeinsamen Coaching: Durch das Kündigungs-Stoppschild wirst du einen viel differenzierteren Blick auf deine aktuelle Arbeitssituation erlangen und sehen, welche Kriterien für Arbeitsqualität schon richtig gut erfüllt sind und wo es in deinen Augen noch Optimierungsbedarf gibt.

Natürlich gilt auch hier ein gewisses Augenmaß: Das Kündigungs-Stoppschild hat nicht den Anspruch, dass alle Kategorien zu 100% erfüllt sein müssen. Wenn jemand diesen Job findet, möge er sich bitte bei mir melden. Jeder Job birgt an der ein oder anderen Stelle Arbeitsbelastungen, verbesserungswürdige Bedingungen oder auch schlichtweg mal sinnlose Aufgaben. Aber es kommt eben auf das Verhältnis an und hier schafft das Kündigungs-Stoppschild viel Klarheit.

11 Kriterien für Arbeitsqualität als Kompass bei der Berufsorientierung

Selbstverständlich kann das Kündigungs-Stoppschild auch ganz anders eingesetzt werden. Wenn du zum Beispiel frisch von der Uni kommst und dich fragst, worauf du dich überhaupt bewerben willst, hilft dir das Stoppschild gleichermaßen beim Innehalten und Reflektieren, was ein Arbeitgeber für dich mitbringen muss.

Wenn du dich gerade in einer beruflichen Umbruchphase befindest und mit dem Kündigungs-Stoppschild arbeiten möchtest, melde dich sehr gern bei mir über:

coaching@achtsam-engagiert.de

Weitere Informationen zu meinem Coachingangebot findest du auf meiner Coaching-Site. Schau gern mal vorbei! Und wenn du jemanden kennst, der gerade genau vor dieser Frage steht „Soll ich kündigen oder nicht?“, dann teile gern diesen Artikel mit ihm oder ihr.