Achtsamkeit und Stressmanagement

Et Rheinisch Jrundjesetz: Was wir in Sachen Achtsamkeit von den Rheinländern lernen können

Das rheinische Grundgesetz (Et rheinisch Jrundjesetz) visualisiert von www.achtsam-engagiert.de

Ich bin zwar seit sechs Jahren von Herzen gern ein Nordlicht, kann aber meine rheinischen Wurzeln nicht leugnen. Warum ich das erzähle? Während so manch einer im November schon tief und fest in der Weihnachtsvorbereitung steckt, feiern die jecken Rheinländer am 11. November erst einmal den Beginn der neuen Karnevalssession. Und die Rheinländer können nicht nur feiern, sie können auch ganz schön weise sein. Und zwar mit ihren – wie könnte es anders sein – 11 Artikeln des „Rheinisch Jrundjesetz“. Lassen wir uns also in Sachen Achtsamkeit mal nicht von fernöstlichen, alten Gelehrten inspirieren, sondern von den Jecken aus Nordrhein-Westfalen. Hier kommend die 11 Regeln des rheinischen Grundgesetztes:

Die 11 Regeln des rheinischen Grundgesetzes sind Redensarten in Dialekt. Zusammengefasst und verschriftlicht hat sie der Kabarettist Konrad Beikircher in seinem Buch* „Et kütt wie’t kütt“. Aber anders als so manch andere abgedroschene Kalenderweisheiten haben es diese Sprüche in sich in Sachen Achtsamkeit. Sie sind so einfach wie überzeugend. Aber überzeugt euch selbst:

Artikel 1: Et es wie et es. („Es ist, wie es ist.“)

Die Rheinländer wissen es ganz genau: Wir können nicht alles ändern, was uns nicht gefällt. Darum sollten wir einfach den Tatsachen ins Auge schauen und uns nicht länger daran aufhalten. Et es wie et es.

Artikel 2: Et kütt wie et kütt. („Es kommt, wie es kommt.“)

Dies ist das Pendant zur ersten Regeln. Wir können weder beeinflussen, was war, noch was kommt. Warum also Zeit und Energie darauf verwenden, uns über den unvorhersehbaren Lauf der Dinge Gedanken zu machen? Et kütt eh wie et kütt.

Artikel 3: Et hätt noch emmer joot jejange. („Es ist bisher noch immer gut gegangen.“)

Auch wenn wir den Lauf der Dinge nicht kennen, können wir darauf vertrauen, dass es schon okay sein wird. Denn irgendwie ist es doch immer gut gegangen und selbst, wenn uns mal etwas gehörig in die Grütze gegangen ist, war es kein großes Drama, oder? Et hätt noch emmer joot jejange.

Artikel 4: Wat fott es, es fott. („Was fort ist, ist fort.“)

Die japanische Minimalismusexpertin Marie Kondo hätte es kaum schöner ausdrücken können. Dabei ist mit diesem Spruch nicht nur das Ausmisten gemeint. Die achtsamen Rheinländer wussten es zengleich schon immer: Wir brauchen den Dingen nicht länger hinterherzutrauern, die nicht mehr in unserem Leben sind. Jammern bringt eh nichts. Denn: Wat fott es, es fott.

Artikel 5: Et bliev nix wie et wor. („Es bleibt nichts, wie es war.“)

Selbst Buddha hat schon gesagt: „Vergänglichkeit ist das Merkmal eines jeden Umstandes, einer jeden Situation, auf die du treffen wirst. Alles wird sich verändern, es wird verschwinden oder es wird dich nicht länger befriedigen.“. Der Rheinländer sagt das gleiche – nur eben etwas kürzer und knackiger. Da stellt sich die Frage, ob Buddha ein Rheinländer war oder der Rheinländer, der dies zum ersten mal geäußert hat, ein Buddhist :). So oder so wären sich Rheinländer und Buddha sicherlich einig darin, dass anhaften nichts bringt und wir einfach offen sein sollten für Neuerungen. Denn et bliev eh nix wie et wor.

Artikel 6: Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet.
(„Kennen wir nicht, brauchen wir nicht, fort damit.“)

Der sechste Artikel mag zunächst etwas widersprüchlich anmuten zum fünften. Während letzterer dafür wirbt, Veränderungen zu akzeptieren und offen zu sein für Neuerungen geht es hier um die notwenige Portion Skepsis. Natürlich können wir den Lauf der Dinge nicht aufhalten und müssen Neuerungen in unserem Leben begrüßen. Ebenso sollte es aber auch klar sein, dass wir nicht blind in neue Abenteuer rennen und Neuerungen auch eine anfängliche Vorsicht entgegenbringen. Auch an diesem Artikel dürfte Marie Kondo – nebenbei gesagt – ihre Freude haben.

Artikel 7: Wat wells de maache? („Was willst du machen?“)

Dass die Rheinländer relativ schicksalsergeben sind, wurde bereits im ersten und zweiten Artikel besonders deutlich. Der siebte Artikel baut nun weiter darauf auf. Anders als die Worte suggieren, wird hier nicht angeregt ins Handeln zu kommen, sondern sich einfach auch mal entspannt zurückzulehnen und – wie die Rheinländer das gern tun – den Dingen ihren Lauf zu lassen. Füge dich deinem Schicksal, denn was sonst wells de maache?

Artikel 8: Maach et joot, ävver nit zo off. („Mach es gut, aber nicht zu oft.“)

Qualität geht vor Quantität, das predigen auch die Rheinländer. Und somit spare ich mir nun auch weitere Worte.

Artikel 9: Wat soll dä Kwatsch? („Was soll das sinnlose Gerede?“)

Der Rheinländer an sich ist ja ein sehr direktes unverblümtes Naturell. Dementsprechend gelingt es ihm in einer Frage auszudrücken, wofür Kant mehrere Sätze und zahlreiche Substantive braucht: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner eigenen Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“. Letztendlich bringen Artikel 9 und Kants Worte nichts anderes zum Ausdruck als die Sesamstraße: Wer nicht fragt, bleibt dumm. Also immer im Hinterkopf behalten: Wat soll dä Kwatsch?

Artikel 10: Drinks de ejne met? („Trinkst du einen mit?“)

Trinken ist wichtig und weniger als zwei Liter am Tag sollten es nicht sein. Allerdings zielt dieser Artikel weniger auf das gesunde Wasser ab, sondern symbolisiert vielmehr die rheinische Gastfreundschaft. Auch wenn es dabei vor allem um ein Schnäpschen oder Bierchen gehen mag, so geht es doch im Grunde genommen nur um das Beisammensein und Miteinander. Und das ist doch auch ein schöner Impuls für die Weihnachtszeit, wenn es auf den Weihnachtsmärkten unter den Kollegen wieder heißt: Drinks de ejne met?

Artikel 11: Do laachs de disch kapott. („Da lachst du dich kaputt.“)

So langsam glaube ich mehr und mehr daran, dass Buddha zumindest mal einen Rheinländer getroffen hat. Denn Buddha sagte: „Lächle und die Welt verändert sich.“ Und auch im Rheinischen Grundgesetz hat Lachen seinen festen, nämlich den närrisch elften, Platz. So lange wir den Dingen mit einem lachenden Auge entgegenblicken und unseren Sinn für Humor nicht verlieren, ist alles halb so schlimm. Und wenn es doch mal doof läuft: Da laachs de disch kapott.

Bonus-Artikel: Jeder Jeck is anders. („Jeder Narr ist anders.“)

In Zeiten, in denen weltweit Parteien ihr Programm einzig und allein auf Abgrenzung und Intoleranz bauen, möchte ich diese rheinische Redensart ganz besonders hervorheben – auch wenn sie (noch) nicht Teil des rheinischen Grundgesetztes ist. Wir sind alle anders und wir haben auch alle unsere ganz eigenen Meisen. Da ist die sexuelle Orientierung, die Herkunft, das Alter, die Weltanschauung, das Geschlecht oder die Sprache, die wir sprechen, völlig irrelevant. Lasst uns alle also ein bisschen toleranter und netter miteinander umgehen und unsere Mitmenschen so nehmen, wie sie sind. Denn: Jeder Jeck is anders.

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