Mindset und Selbstvertrauen

Languishing – ein Wort für den Corona-Blues

"Languishing" wurde von Adam Grant als dominierende Emotion in 2021 bezeichnet und meint etwas wie Dahindümpeln. Auf www.achtsam-engagiert.de erfährst du, wie es mir damit aktuell geht und welche Tipps es gibt, um dem Gefühl des Languishing zu begegnen.

Am 19. April schrieb Adam Grant einen Artikel für die New York Times mit dem Titel „There’s a Name for the Blah You’re Feeling: It’s Called Languishing„. Dieser Artikel geht gerade ziemlich durch die Decke. Er trifft für viele den Nagel auf den Kopf, wenn es darum geht, dieses „Blah“ zu beschrieben, dass so viele von uns gerade empfinden. Was genau bedeutet „Languishing“?

„Languishing“ – freudloses Dahindümpeln in der Corona-Zeit

„Languishing“ lässt sich am ehesten mit Dahindümpeln übersetzen. Es beschreibt einen Zustand, den das deutsche Wort Lockdown-Müdigkeit in meinen Augen nicht vollkommen treffend beschreibt. Es ist mehr als Lockdown-Müdigkeit und irgendwie auch mehr als Corona-Blues. „Languishing“ beschreibt eine Gestimmtheit, die zwar noch keinen Krankheitswert hat wie die Depression, aber auch weit weg ist von Freude und Glückseligkeit. Grant formuliert es so:

It wasn’t burnout — we still had energy. It wasn’t depression — we didn’t feel hopeless. We just felt somewhat joyless and aimless. It turns out there’s a name for that: languishing.

Adam Grant

Wir wurschteln uns halt so durch den Tag, dümpeln vor uns hin, schlagen die Zeit tot, Termine und Ziele gibt es eh kaum. Und bei all dem sind wir irgendwie in einer gedrückten Stimmung.

Wird „Languishing“ das dominierende Gefühl in 2021?

In seinem Artikel geht Grant sogar so weit, „Languishing“, also dieses Gefühl des freudlosen Dahindümpelns, zur dominierenden Emotion 2021 zu küren. Wenn ich allein auf meine vier letzten Monate zurückblicke, kann ich ganz subjektiv sagen: Er könnte recht haben. In meinem Leben gibt es zum Glück gerade keine Trauer, keine Tiefpunkte und keine großen Sorgen. Es gibt also eigentlich wenig Grund für ein Stimmungstief. Und gleichzeitig ist da dieses beständige Gefühl von Freudlosigkeit und fehlender Energie.

Winterschlaf oder doch „Languishing“ auf achtsam-engagiert.de?

Es wäre stark geflunkert, wenn ich behaupten würde, dass mein Blog wegen zu viel Stress seit Wochen in einem übermäßig langen Winterschlaf schlummert. Es liegt schlichtweg an einem ausgeprägten Motivationstief. Es fehlen Highlights, es fehlen neue Erfahrungen, es fehlt der Kontakt mit vielen Menschen und damit fehlt für mich ein Stück weit auch Inspiration. Denn echte Situationen aus dem Leben inspirieren mich am meisten zu schreiben. Doch das Leben fühlt sich gerade so an, als würde ich in Schrittgeschwindigkeit nachts durch eine kilometerlange Spielstraße fahren. Ich achte Regeln und sehe den Sinn darin, vorsichtig zu sein. Aber trotzdem komme ich kaum voran, sehe nichts Interessantes, bin frustriert und frage mich, wann das ganze eigentlich endet.

Noch nicht deprimiert, aber längst nicht gut

Mein anhaltendes Motivationstief und die grundsätzliche Energielosigkeit passen ziemlich genau zu dem, was Grant ferner schreibt:

Languishing is the neglected middle child of mental health. It’s the void between depression and flourishing — the absence of well-being. You don’t have symptoms of mental illness, but you’re not the picture of mental health either. You’re not functioning at full capacity. Languishing dulls your motivation, disrupts your ability to focus, and triples the odds that you’ll cut back on work.

Adam Grant

Die möglichen Langzeitfolgen von „Languishing“

Es ist ja erstmal eine schöne Entwarnung, dass ich nicht alleine mit meiner Gemütslage bin und sie keinerlei Krankheitswert hat wie eine Depression. Dennoch ist Vorsicht geraten: Grant zitiert aus zwei Untersuchungen, die Anlass geben zur Annahme, dass heutiges „Languishing“ die Wahrscheinlichkeit erhöht, künftig an einer Depression oder an einer Belastungsstörung zu erkranken.

Tipp 1: Bennene offen die Gefühle rund um das Dahindümpeln

Was dagegen helfen kann? Grant empfiehlt zunächst einen Baby-Step, der für viele aber vielleicht gar nicht so leicht ist: Das Gefühl zu identifizieren und offen zu benennen. Reden hilft – so abgedroschen das klingt.

Außerdem rät Grant zu einem Mindset-Wechsel bei der Frage „Wie geht es dir?“

Instead of saying “Great!” or “Fine,” imagine if we answered, “Honestly, I’m languishing.” It would be a refreshing foil for toxic positivity — that quintessentially American pressure to be upbeat at all times.

Adam Grant

Ich selbst hatte in den letzten Tagen den Selbstversuch gewagt und in WhatsApp-Nachrichten, persönlichen Gesprächen und Telefonaten einfach mal ganz offen gesagt, wie motivationslos, frustriert und freudlos ich mich seit einer Weile fühle. Es mag albern klingen, aber ein wenig Überwindung war es schon für mich. Die gesellschaftliche Maxime, dass wir stets angenehm und keinstenfalls missmustig auf Smalltalk-Fragen wie diese antworten sollten, scheint tief verankert zu sein.

Die positive Erkenntnis: Mir schlugen keine negativen Reaktionen entgegen. Manche haben meine Offenbarung einfach zur Kenntnis genommen, manche mit Mitgefühl reagiert und andere genau dasselbe von sich berichtet. Es tut gut, zu fühlen, dass man nicht alleine ist. Kognitiv wissen tun wir es sicherlich alle. Nur fühlen wir es eben manchmal nicht.

Tipp 2: Erzeuge Flow-Momente

Adam Grant hat noch einen zweiten Tipp in Petto, was wir gegen das lähmende Dahinsiechen der aktuellen Zeit tun können und zwar sollen wir einen Flow-Zustand erzeugen:

A concept called “flow” may be an antidote to languishing. Flow is that elusive state of absorption in a meaningful challenge or a momentary bond, where your sense of time, place and self melts away.

Adam Grant

In den Flow kommen wir immer dann, wenn wir völlig versunken in einer Beschäftigung sind, zum Beispiel beim Joggen, Malen, Netflixen, Musizieren, Handwerkern etc. Damit uns das auch wirklich gelingt, wirbt Grant für feste Zeiten: Nichts stört den Flow so sehr wie Unterbrechungen und die gilt es tunlichst zu vermeiden.

Ich persönlich finde diesen Ratschlag gut und gleichzeitig etwas kurz gegriffen. Für mich liest sich das ein wenig so: Wenn du unmotiviert bist, versinke doch mal motiviert in einer Aufgabe. Irgendwie sehe ich da einen Haken in der Logik. Wenn ich im Zustand des „Languishing“ bin, bin ich dann nicht auch zu unmotiviert, mich mit diesen Dingen zu beschäftigen? Mir ging es zumindest so (ansonsten gäbe es allwöchentlich neue Blog-Artikel, denn an freier Zeit mangelt es mir gerade nicht).

Meine Bonus-Tipps: Routinen beibehalten und offen bleiben

Ein Patentrezept habe ich leider auch nicht. Das einzige, was ich fortlaufend mache, sind zwei Dinge: bestmöglich meine Rituale beibehalten (z. B. mein Dankbarkeitstagebuch führen, dazu gibt’s demnächst einen neuen Artikel) und meine Augen offen halten. Denn manchmal küsst einen die Inspiration doch, so wie es mir mit dem Artikel von Adam Grant geschehen ist. Ich habe ihn gelesen und war sofort voller Elan, darüber selbst zu schreiben. Haltet also die Augen und Ohren offen – es könnte etwas eure Aufmerksamkeit erhaschen, dass aus dem Dahindümpeln ein freudiges Paddeln macht. Ich drücke euch die Daumen.

Besonders gut gefällt mir im Übrigen das Fazit aus seinem Artikel, denn vielleicht ist „Languishing“ auf lange Sicht auch für etwas gut. Deshalb möchte ich damit auch meinen Artikel beenden:

As we head into a new post-pandemic reality, it’s time to rethink our understanding of mental health and well-being. “Not depressed” doesn’t mean you’re not struggling. “Not burned out” doesn’t mean you’re fired up. By acknowledging that so many of us are languishing, we can start giving voice to quiet despair and lighting a path out of the void.

Adam Grant

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