Achtsamkeit und Stressmanagement

Gedankenmeditation: Wie ich am liebsten die Gedanken zur Ruhe bringe

Das Bild zeigt eine Kommode mit vier Schubladen, die die Kategorien für die Gedankenmeditation zeigen: Science Fiction, Heimatfilm, Dead People's Goals und Achtsamkeit. Visualisert von www.achtsam-engagiert.de

Es gibt unzählige Meditationstechniken und viele davon habe ich bereits ausprobiert. Ich bin ein großer Fan der Metta-Meditation, des Bodyscans und der klassischen Atem-Meditation. Heute stelle ich dir allerdings eine Gedankenmeditation vor, die ich für mich selbst entwickelt habe. Sie hilft mir dabei, meinen eigenen Gedankenfluss zu erforschen und Abstand davon zu gewinnen. Und so geht sie:

Bei der Meditation packe ich jeden Gedanken in eine Schublade. Du kannst alternativ auch andere Formen der Kategorisierung wählen, die für dich stimmiger sind. Beispiele können sein:

  • Gedanken auf vorbeiziehende Wolken im Himmel oder Blätter im Fluss setzen
  • Gedanken in verschiedene Behältnisse setzen, z. B. Boxen oder Dosen
  • Gedanken in Päckchen packen

4 Schubladen für die Gedankenmeditation

Bei meiner Variante der Gedankenmeditation verteile ich Label bzw. packe jeden Gedanken in eine von vier Schubladen. Die vier Schubladen sind:

  1. Science Fiction (Gedanken an die Zukunft)
  2. Heimatfilm (Gedanken an die Vergangenheit)
  3. Dead People’s Goals (unerreichbare Zeile herbeisehnen)
  4. Achtsamkeit (Rückkehr zu dem Moment)

Gedanken-Schublade „Science Fiction“

Die ersten beiden Schubladen bzw. Label für meine Gedankenmeditation habe ich im Buch „Ruhe da oben“ von Andreas Knuf kennengelernt. Er schreibt:

„Es vergeht keine Stunde, in der unser Geist sich nicht mit der Zukunft beschäftigt. Er liebt Science-Fiction-Filme! Was er mindestens genauso liebt, ist die Vergangenheit, unsere „Heimatfilme“ aus früheren Zeiten.“

andreas Knuf

Was bedeutet das konkret? Ein typischer Science-Fiction-Gedanken kann sein: „Wie geht es wohl weiter mit der Corona-Pandemie? Ob ich meinen Arbeitsplatz verlieren werde?“ oder „Ich hoffe, dieses Jahr Weihnachten wird es nicht schon wieder so einen hässlichen Familienstreit geben.“

Es sind also Gedanken, die sich damit beschäftigen, was in der Zukunft wohl passieren oder auch nicht passieren wird. Nur werden wir es nie wissen, bis wir es erfahren und daher sind diese Gedanken in der Regel wenig bis gar nicht hilfreich.

Gedankenschublade „Heimatfilm“

Die umgekehrte Variante ist der Heimatfilm, also Gedanken, mit denen wir in der Vergangenheit festhängen. Beispiele hierfür sind: „Wäre ich gestern Abend nur früher zu Bett gegangen, wäre ich nun nicht so müde.“ Oder „Gestern hat Max mir schon wieder schnippisch geantwortet. Ich weiß gar nicht, warum ich immer wieder versuche, auf ihn zuzugehen.“ Auch diese Gedanken ziehen uns unnötig Aufmerksamkeit und Energie, denn wir können die Vergangenheit nicht ändern.

Das Spannende ist, dass unser Geist besonders oft diese Gedanken produziert, die in die eine oder andere Schublade passen. Wir hängen dadurch ständig bei Vergangenem oder Zukünftigen. Beides sind Aspekte in unserem Leben, die wir im Hier und Jetzt nicht beeinflussen können.  

Andreas Knuf fasst das so zusammen:

„Vergangenheit und Zukunft existieren nur als Gedankenprozess. Ich kann darüber nachdenken, aber das ist auch schon alles, denn ich kann nicht dort sein. Ich kann nicht in der Vergangenheit oder in der Zukunft leben. Ich kann auch nicht in der Vergangenheit oder in der Zukunft etwas empfinden, ich kann mich nicht in der Vergangenheit oder Zukunft freuen oder traurig sein. Das Vergangene ist längst vorüber, das Zukünftige noch nicht geschehen.“

Andreas Knuf

Ziel dieser beiden Schubladen ist es also, immer wieder bewusst ins Hier und Jetzt zurückzukehren.

Gedanken-Schublade „Dead People’s Goals“

Ich habe bei meiner Meditationspraxis festgestellt, dass diese zwei Schubladen nicht genügen. Denn es gibt noch weitere Gedanken, die nicht per se mit der Vergangenheit oder Zukunft zu tun haben. Ich nenne sie Dead People’s Goals. Wenn du mehr darüber erfahren willst, schau mal in meinen Artikel über die Dead People’s Goals.

In aller Kürze: Das sind Ziele, die man sinnbildlich nur erreichen kann, wenn man bereits tot ist. Meistens sind das Gedanken oder Gefühle wie „Ich möchte nicht mehr traurig sein“ oder „Warum erlebe ich immer wieder Enttäuschungen?“. Ich ertappe mich häufig dabei, dass ich Gedanken nachhänge, die einfach nicht realisierbar sind. Ich verknüpfe damit eine Erwartungshaltung ans Leben, die eigentlich nur enttäuscht werden kann. Indem wir uns dieser Gedankenmuster bewusst werden, gehen wir einen wichtigen Schritt in Richtung mehr Akzeptanz und dadurch auch mehr innerem Frieden.

„Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen“

John Lennon

Gedanken-Schublade „Achtsamkeit“

Das ist die Königsdisziplin und meine 1A-mit-Sternchen-Schublade der Gedankenmeditation. Diese öffne ich immer dann, wenn mir auffällt, dass ich gerade mit meinen Gedanken in der Zukunft, Vergangenheit oder bei fragwürdigen Erwartungshaltungen war. Dies ist ein Moment absoluter Achtsamkeit. Ich habe mich in meinem gedanklichen Abschweifen ertappt und kehre mit meiner Aufmerksamkeit zurück zu meinem Atem und den Moment. Somit folgt meistens auf einer der drei zuvor genannten Schubladen immer auch die Schublade „Achtsamkeit“.

Wieso führe ich sie überhaupt auf, wenn sie nur ein „Anhängsel“ der vorherigen Schubladen ist? Nun, weil es wichtig ist, sich auch kleine (Achtsamkeits-)Erfolge bewusst zu machen. Wenn ich mich beispielsweise dabei ertappe, wie ich ein vergangenes Gespräch erneut durchgehe, öffne ich die Schublade „Heimatfilm“. Das wirkt erstmal wie ein Scheitern meiner Achtsamkeitsübung, denn das Label drückt ja aus, dass ich nicht im Moment war. Aber der Clou ist: Sobald mir dies auffällt, bin ich bereits achtsam und dies verdient dann eben auch seine Beachtung. Somit ist die Schublade „Achtsamkeit“ quasi die positive andere Seite der Medaille.

Das bringt die Gedankenmeditation

Andreas Knuf beschreibt in seinem Buch auch, warum es Sinn macht, in die Gedankenbeobachtung zu gehen. Er sagt:

„Im Hier und Jetzt zu sein bedeutet, einfach das wahrzunehmen, was gerade ist. Über unsere äußeren Sinne nehmen wir Geräusche, Bilder und Gerüche auf und über unsere innere Bewusstheit nehmen wir unsere Gefühle, Stimmungen und Impulse wahr. Sobald wir bewusst mit unseren Sinnen wahrnehmen, sind wir in der Gegenwart. (…)
Sobald wir in der Gegenwart sind, sobald es in unserem Kopf stiller wird, erstrahlt die Wirklichkeit wie auf einem hochauflösenden Farbbildschirm. Dann nehmen wir alle angenehmen, aber auch alle unangenehmen Empfindungen um vieles intensiver wahr.“

andreas knuf

In diesem Sinne: Ich höre dann mal auf zu tippen, schließe die Augen, beobachte meine Gedanken und sorge damit dafür, dass die Farben des Lebens ein bisschen intensiver werden.

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